Die Aufgaben forensisch-psychiatrisch Pflegender sind vielfältig, unterscheiden sich z. B. in ihren Schwerpunkten je nach therapeutischem Auftrag und den Anforderungen einer Aufnahme- Therapie- oder Krisenstation. Übergeordnet spiegelt sich bei aller Vielfältigkeit der pflegerischen Rolle(n) im Maßregelvollzug grundsätzlich aber der gesetzliche Auftrag zur Besserung und Sicherung in der alltäglichen Arbeitspraxis wider. Unabhängig vom Setting können als Schwerpunkte der Besserung die Gestaltung und Nutzung des therapeutischen Milieus sowie der Aufbau tragfähiger Beziehungen nach den Kriterien der Bezugspflege im Rahmen des Pflegeprozesses verstanden werden. So ist es vor allem Aufgabe der Pflegenden im Rahmen ihrer „24/7“-Tätigkeit unter Berücksichtigung von Erkrankung, Gefährlichkeit, individueller Probleme und Ressourcen der Patienten ein Klima zu schaffen, indem diese sich auf den Behandlungsprozess im Zwangskontext des Maßregelvollzugs einlassen können. Vorrangiges Ziel ist die Schaffung und Aufrechterhaltung von Motivation als Voraussetzung zu Verhaltensveränderung.
Das von den Pflegenden aktiv gestaltete Stationsmilieu bietet für die Patienten die Möglichkeit eine feste Tagesstruktur als Orientierung und Unterstützung für eine sinnvolle Tages- und Freizeitgestaltung zu nutzen. Es stellt ein Lernfeld mit zentraler Bedeutung für die untergebrachten Menschen dar, um sozial anerkannte Werte und Normen kennenzulernen, zu verinnerlichen und zu leben. Durch Begleitung und Unterstützung der Patienten erhalten Pflegende unmittelbare Einblicke in Therapieverlauf und Krankheitsbewältigung im alltäglichen Handeln. Der Alltag dient somit als therapeutisches Mittel: Er bietet Reflexions- und Übungsrahmen für die Auseinandersetzung der Patienten mit sich selbst und dem eigenen Krankheitsbild, dient dazu Zusammenhänge zwischen Erkrankung und delinquentem Verhalten zu erkennen sowie Maßnahmen zur Rückfallprophylaxe im geschützten Rahmen zu trainieren.
Sicherheit gewährleisten Pflegende, indem sie Gefährdungspotentiale erkennen und verhindern. Dazu dienen, neben einer qualitätsvollen Beziehungsgestaltung und reflektierten Arbeitsweise, auch die regelmäßigen Kontrollen und Sicherheitsmaßnahmen, wie Drogenscreenings, Atemalkoholkontrollen und Zimmerkontrollen, die von den Pflegenden im Stationsalltag durchgeführt und überwacht werden.
Forensisch-psychiatrische Pflege stellt hohe Anforderungen an die persönlichen und fachlichen Kompetenzen der Mitarbeiter. Die Pflegeentwicklung hat somit in der Forensischen Klinik einen hohen Stellenwert. Im Rahmen des Strategie-Konzeptes Pflege 3.0 wurden daher 2018 eigens neue Stellen (Pflegeexperte/Pflegefachverantwortliche) auf Klinik- und Stationsebene geschaffen. Derzeitige und zukünftige Fachentwicklungsprojekte, z. B. die Evaluation der Bezugspflege oder die Implementierung komplexer, patientenorientierter Interventionen, wie Adherence-Therapie oder Recovery, erfahren so eine zentrale Steuerung mit klaren Verantwortlichkeiten. Ziel ist die Gewährleitung von Sicherheit und Qualität durch die Schaffung eines nachhaltigen Theorie-Praxis-Transfers wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Versorgungspraxis.