Postkarte Großherzogliche Heil- und Pflegeanstalt

Geschichte

Von der Anstaltspsychiatrie zu Balanced care

Das heutige Zentrum für Psychiatrie in Emmendingen blickt mittlerweile auf eine über 125-jährige Geschichte zurück.

Die Bedingungen und Behandlungsangebote für Patient*innen wurden in dieser Zeit sowohl von den medizinischen Fortschritten als auch von politischen Veränderungen bestimmt und haben sich kontinuierlich verändert und weiterentwickelt. Der Weg führte von der herzoglichen Heil- und Pflegeanstalt Ende des 19. Jahrhunderts, durch die für die Psychiatrie stigmatisierende Phase des Nationalsozialismus hin zu einem heute modernen fachlichen, medizinisch-ethischen und nach wirtschaftlichen Grundsätzen geführten psychiatrischen Fachkrankenhaus, das zwischenzeitlich eng verzahnt ist mit den außerstationären psychiatrischen Diensten in Südbaden.

Das ZfP Emmendingen verfügt über ein Museum mit einer Sammlung historischer Bilder, Schriftstücke und medizinischer Geräte, welches die Lebens-, Wohn- und Behandlungsbedingungen früherer Zeiten darstellt.

Der Anfang

1889 wurde in Emmendingen die dritte Heil- und Pflegeanstalt nach den Heil- und Pflegeanstalten Pforzheim (1804-1921) und Illenau (1842) bei Achern gegründet. Sie wurde nach Plänen des damaligen Illenauer Direktors Schüle, einem Amtsnachfolger Rollers (Gründungsdirektor und Namensgeber des Roller-Hauses) erstellt.

Die Lage war schon nach Rollers Überlegungen so bestimmt worden, dass die Anstalt auf einem ruhigen, zusammenhängenden Areal mit ausreichender Wasserversorgung in ländlicher Umgebung, zugleich jedoch in Stadt- und Bahnnähe geplant wurde.
Die Anstalt Emmendingen war ausdrücklich als Übernahmeeinrichtung für chronisch Kranke aus den bestehenden Anstalten Pforzheim, Illenau und den neu gegründeten Universitätsirrenkliniken Heidelberg (Gründung 1878) und Freiburg (Gründung 1886) vorgesehen.
 

Die Kaiserzeit und der Erste Weltkrieg

Die ersten Jahre waren von wenig spektakulären therapeutischen Bemühungen geprägt, bewahrte man vor allem die schwerst psychisch Kranken in Emmendingen auf. Bis 1914 erfolgte der Ausbau einer systematischen landwirtschaftsorientierten Arbeitstherapie. Der Alltag war neben einer offenen Führung in den Pavillionbauten durch "Bettenbehandlung" in Wachsälen, später auch "Bäderbehandlungen", geprägt.

Zum Ende des Ersten Weltkrieges und während der ersten Nachkriegsjahre litten viele psychisch Kranke im Rahmen des Hungersterbens, durch Auszehrung und daraus resultierende Infektionen, existentielle Not. Die Sterblichkeit stieg auf das Dreifache an.

Psychiatrie in der Weimarer Republik

Die 1920er Jahre waren auch in der Psychiatrie "Goldene Jahre". Insbesondere in der Anstaltspsychiatrie deuteten sich einige Verbesserungen an. Zunächst wurden die sog. "Zellenabteilungen" zugunsten von Badabteilungen und Wachsälen umgebaut.

Des Weiteren strebte man zunehmend die Frühentlassung der Patient*innen an. Die Arbeitstherapie wurde zu einer "Therapie" im engeren Sinne umgestaltet. Ende der 1920er Jahre waren 60 bis 80 Prozent der Patient*innen in dieser Therapieform tätig. Zusätzlich wurde die Familienbetreuung wieder vermehrt aufgegriffen.

Bereits mit der Weltwirtschaftskrise kam jedoch der jähe Abbruch der freieren Betreuung in der Anstaltspsychiatrie. Mittel wurden zusehends gestrichen, die "Verwahrung" wurde wieder die vorherrschende Behandlungsform.

Es folgte in den 1930er Jahren die Zeit der inhumanen Doktrin einer pervertierten Psychiatriewissenschaft, die unter anderem dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ den Weg bereitete und zur Tötung Tausender behinderter und psychisch kranker Menschen führte. Ein Mahnmal im Parkgelände erinnert seit 1989 an die Emmendinger Opfer dieser Zeit.

Psychiatrie im Nationalsozialismus

Der Beginn der NS-Diktatur darf nicht als Zäsur, sondern als Radikalisierung sich bereits abzeichnender Tendenzen verstanden werden. Weitere Mittel wurden gestrichen, die Stigmatisierung und Ausgrenzung psychisch Kranker nahm wieder zu, flankiert von rassenhygienischen Maßnahmen als Teil der nationalsozialistischen Ideologie. Das bereits Ende der Weimarer Zeit vorformulierte Sterilisationsgesetz wurde am 14. Juli 1933 verabschiedet und um die Möglichkeit der Zwangssterilisation erweitert. In ganz Deutschland sterilisierte man mit diesem Gesetz vermutlich 350.000 bis 400.000 Menschen zwangsweise, allein in Baden bis Mitte 1939 circa 13.500, im Raum Freiburg/Emmendingen zwischen 2.150 und 2.450 Menschen. Vermutlich starben an diesen eingreifenden Operationen 5.000 Menschen, zu 90 Prozent Frauen.

Mit dem Krieg wurde auch den psychisch Kranken der Krieg erklärt. Dabei konnte man sich auf die Ideen des Freiburger Universitätsprofessors Hoche stützen, der bereits 1920 als Direktor der Nervenklinik "die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens" gefordert hatte. Erst wurden Meldebögen versandt, um alle psychiatrischen Patient*innen und geistig Behinderten zu erfassen. Diese Bögen wurden nichtsahnend und von den Anstaltsdirektoren ausgefüllt und in Berlin in einer Zentrale in der Tiergartenstraße 4 - deswegen später "Aktion T 4" genannt - gesammelt. Anschließend fand eine Prüfung auf die dort erfragte Arbeitsfähigkeit hin statt, um Transportlisten zum Abtransport in die Gaskammern - für Emmendingen in Grafeneck, später in Hadamar - zusammenzustellen. Den Abtransport besorgte die sogenannte "Gemeinnützige Krankentransportgesellschaft GmbH." Anfänglich waren die Patient*innen und auch das Personal noch über das weitere Schicksal arglos, was jedoch rasch von Ahnung, später von Gewissheit abgelöst wurde. Diesen Ermordungsaktionen fielen in Emmendingen 1.127 Patient*innen zum Opfer, wobei ständig Transporte aus anderen Anstalten, beispielsweise Reichenau, Illenau und Herten, nach Emmendingen und von dort wieder nach Grafeneck und Hadamar erfolgten.

Rund 50 Prozent aller Anstaltspatient*innen überleben die Zeit des Nationalsozialismus nicht. Die Anstalten Illenau, Rastatt und Reichenau wurden aufgelöst. 

Doch auch in der Nachkriegszeit verhungerten etliche Emmendinger Patient*innen in den Ausweichanstalten Schussenried, Geisingen und Kaufbeuren. Nur noch 185 von ursprünglich 1.245 Patient*innen waren in Emmendingen selbst übriggeblieben. Ein Denkmal im Park erinnert heute an die Opfer des Naziregimes.

Der Neubeginn nach 1945

1953 wurde die Heil- und Pflegeanstalt in Psychiatrisches Landeskrankenhaus (PLK) Emmendingen umbenannt. 
Gleichzeitig brachten die 1950er Jahre einen bedeutenden Fortschritt In der psychiatrischen Pharmakotherapie durch Entwicklung von Neuroleptika, Benzodiazepine und Antidepressiva, die, anders als die Erschütterungstherapien der 1920er und 1930er Jahre, rasche Anwendung in Emmendingen fanden. Nach anfänglicher begleitender Pharmakotherapie bei fortgeführten Insulin- und Elektrokrampftherapien, wurden die Psychopharmaka Mitte der 1960er Jahre das bevorzugte primäre Behandlungsmittel.

Mit neuen materiellen und ideellen Ressourcen nahm in den 1960er Jahren die sozialpsychiatrische Bewegung einen Aufschwung und erreichte in den 1970er Jahrenihren ersten Höhepunkt. Die Bemühungen dieser Jahre zielten vor allem auf die Öffnung des Hauses nach außen hin. Zunehmend etablierte sich eine verbesserte ambulante nervenärztliche Versorgung, d. h. außerstationäre Betreuungsmöglichkeiten durch Einrichtung von komplementären und Nachsorgeeinrichtungen. In diesem Sinne gab das PLK Emmendingen in den 1970er Jahren die psychiatrische Versorgung des Landkreises Freudenstadt an die dort dafür neu errichtete psychiatrische Abteilung ab.
Zunehmend bestimmte psychotherapeutisches Denken das Handeln im PLK, was sich sichtbar in der Konstitution des Fachbereiches "Psychotherapie" im Jahre 1985 ausdrückte. Zusätzlich wurden deutlich mehr Psycholog*innen und Sozialarbeiter*innen eingestellt sowie Balint- und später Supervisionsgruppen etabliert.
 

Die Psychiatrie heute

Durch das "Gesetz zur Neuorganisation der psychiatrischen Landeskrankenhäuser" (03. Juli 1995) wurden die bisherigen neun psychiatrischen Landeskrankenhäuser in Baden-Württemberg zum 1. Januar 1996 zu Rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts - den Zentren für Psychiatrie (ZfP). Organe des ZfP Emmendingen sind seither der Geschäftsführer und der Aufsichtsrat. 

Diese Rechtsformänderung führte zu einem erheblichen Modernisierungsschub in allen neun ZfP in Baden-Württemberg.

Nachfolgende chronologische Darstellung fasst die wichtigsten Etappen für das ZfP Emmendingen zusammen: 
 

  • Ab 1996: Entwicklung spezifischer Öffnungskonzepte für alle Stationen des Krankenhausbereiches und Spezialisierung in fünf Abteilungen unter jeweils chefärztlicher Leitung
  • 1999: Im Sinne der gemeindenahen Psychiatrie Abgabe der Versorgungsregion Offenburg und 2004 der Versorgungsregion Rastatt / Baden-Baden an regionale Fachkliniken in diesen Regionen 
  • 2001: Ernennung zum akademischen Lehrkrankenhaus; Bildung der Abteilung "Psychotherapeutische Medizin"
  • 2002: Eröffnung der Psychiatrischen Institutsambulanz
  • 2002/2005: Eröffnung der Tageskliniken Lörrach (2002) und Lahr (2005) mit dem Ziel einer modernen wohnortnahen psychiatrischen Behandlung 
  • 2005: Einführung von Qualitätsmanagement und der Zertifizierung nach KTQ 2005
  • 2009:
    • Reformation des ZfP-Errichtungsgesetzes und Fusion der bisherigen Zentren für Psychiatrie Weissenau, Bad Schussenried und Zwiefalten
    • Gleichzeitig auch Einrichtung einer fortlaufenden zentrumsübergreifende Koordinierung und Etablierung einer einheitlichen Wort-/Bildmarke „ZfP“. 
  • 2010: Eröffnung der Abteilung „Psychiatrie“ am Kreiskrankenhaus Schopfheim, gemeinsam mit den Kliniken des Landkreises Lörrach 
  • 2012:
    • Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung "Gemeindepsychiatrischer Verbund Freiburg" durch die Stadt Freiburg, die Leistungserbringer der sozialpsychiatrischen /psychiatrischen Versorgung und die Leistungsträger
    • Inbetriebnahme der dritten forensischen Suchtstation mit 20 Betten 
    • Inbetriebnahme der Klinik für Psychosomatische Medizin & Psychotherapie und der Psychosomatischen Tagesklinik des ZfP am Kreiskrankenhaus Emmendingen
  • 2013: Eröffnung der suchtmedizinischen Tagesklinik Freiburg 
  • 2016: Inbetriebnahme des Neubaus der Klinik für Geronto- und Neuropsychiatrie mit 120 Betten 
  • 2017: Eröffnung der Tagesklinik Bad Krozingen 
  • 2018: Übernahme des Pflegeheims zfp Haus Tecum 
  • 2021:
    • Inbetriebnahme einer Therapeutischen Wohngruppe auf dem Campus
    • 25jähriges Jubiläum der ZfP Baden-Württemberg
  •  2022: Inbetriebnahme einer Tagespflege im zfp Haus Tecum
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71032
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79102 Freiburg
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79650 Schopfheim
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