
Ergotherapie ist die Behandlung krankheitsbedingter motorischer, sensorischer und psychischer Funktionseinschränkungen, Behinderungen und Störungen.
Ergotherapeutische Maßnahmen beziehen sich auf den Erhalt und die Förderung der Handlungskompetenz des/r Patient*in im persönlichen, sozialen, lebenspraktischen und beruflichen Lebensbereich.
Als Handlungen werden Aktivitäten bezeichnet, mit denen Menschen zielgerichtet und bewusst auf ihre Umwelt einwirken.
Mit Fähigkeit zum Handeln ist die Erfahrung gemeint, mit der dinglichen und sozialen Umwelt und mit sich selbst so umzugehen, dass das eigene Handeln als persönlich sinnvoll, sozial bedeutsam und realitätsgerecht erlebt werden kann.
Erfolgreiche Betätigung ist ein wesentliches Merkmal von Gesundheit. Es sind die menschlichen Motive des Kontrollerlebens, die Meisterung von Aufgaben und das Erleben persönlicher Effektivität und Selbstwirksamkeit, die einen Menschen befähigen, ein positives Selbstbild und Erfolgserwartungen aufzubauen und zu bewahren.
Die Handlungsfähigkeit eines Menschen kann durch Erkrankung graduell unterschiedlich erschwert werden. Der Verlust von Leistungsfähigkeit zur Erfüllung gesellschaftlicher Rollen und Aufgaben kann neben den bestehenden krankheitsbedingten Symptomen zu einer tiefgreifenden Verunsicherung des Selbstwertgefühls führen und ist wichtiger Aspekt einer Erkrankung.
Die Handlungsfähigkeit eines Menschen äußert sich zunächst in seinem Verhalten. Der phänomenologische Ansatz der Ergotherapie geht von diesem sichtbaren, das heißt der Selbst- und Fremdwahrnehmung zugänglichen Verhalten aus. Die sich hier zeigenden Probleme eines/r Patient*in werden in der Eergotherapie nicht ausschließlich auf die Erkrankung und die ihr zuordbaren Symptome bezogen, sondern diese werden unter dem Aspekt der eingeschränkten Handlungsmöglichkeit betrachtet und in Wechselbeziehung zum Umfeld und zur Tätigkeit verstanden.
Der ergotherapeutische Auftrag bezieht sich dabei im Wesentlichen auf die Bereiche der Haltung des/r Patient*in zu sich selbst, des Umgangs mit konkret Gegenständlichem und der sozialen Interaktion.
Die sich im Verhalten zeigende Handlungskompetenz eines Menschen ist das Ergebnis "innerer" und "äußerer" Bestimmungsfaktoren.
Die Fähigkeit zum selbstwirksamen Handeln wird sowohl durch personale Möglichkeiten und Schwierigkeiten, als auch durch die jeweils konkreten Umweltgegebenheiten bestimmt.
Das Verhalten eines Menschen lässt Rückschlüsse auf seine individuellen Handlungsbedingungen und personalen Grundfunktionen zu, die sich vor dem Hintergrund der psychischen Disposition, der Persönlichkeitsstruktur, der Begabung, des Temperaments und der Biographie im Bereich des Emotionalen, Kognitiven und Perzeptiven darstellen. Zwischen Verhaltensgrundformen und psychischer Grundfunktion besteht eine enge Wechselbeziehung. Es ist nicht möglich, dass eine ohne das andere zu erfassen und zu beeinflussen.
Die umweltbezogenen Handlungsbedingungen sind in den situativen, vielfältigen Anforderungen und Angeboten aus dem Umfeld zu sehen. Sie beeinflussen die Möglichkeiten und Schwierigkeiten eines Menschen in seinem Verhalten und Handeln. Vor dem Hintergrund materieller, sozialer und kultureller Voraussetzungen handelt der Mensch in vielfältiger Weise in verschiedenen Lebensbereichen. In unserem Kulturkreis werden drei Lebensbereiche unterschieden: der Bereich der Aktivitäten des täglichen Lebens, der Bereich der Arbeit und Ausbildung und der Bereich der Freizeit.
Spezifische Verfahren der Ergotherapie
Wenn ET die Unterstützung der Handlungsfähigkeit des/r Patient*in zum Leitziel hat, bezieht sie sich in ihren unterschiedlichen Verfahren auf das Spektrum von personalen und lebensbereichsbezogenen Handlungsbedingungen.
Grundsätzlich werden beide Bedingungsgrößen in jeder ergotherapeutischen Maßnahme berücksichtigt. Eine Spezifizierung der Behandlungsverfahren lässt jedoch in ihrer differenzierten Zielsetzung einen bestimmten Bereich in den Vordergrund treten.
In unserer Klinik wird der Bereich der personalen Handlungsvoraussetzungen vorrangig in der stationären ET angegangen, während sich die außerstationären ergotherapeutischen Maßnahmen die Förderung der Handlungskompetenz im Kontext spezifischer, lebensbereichsbezogener Handlungsbedingungen zum Ziel setzen.